ANDACHT vom 21. MÄRZ 2020 / Deutsch Reformierte Kirche zu Kopenhagen
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, der Bund und Treue hält ewiglich und der nicht loslässt das Werk seiner Hände. Amen.
Liebe Freunde.
Die Schlagzeilen und Fernsehnachrichten in diesen Tagen werden von der Corona-Krise dominiert. Darüber hinaus kursieren vor allem im Internet leider auch eine ganze Menge Mist und Falschmeldungen: Verschwörungstheorien, blödsinnige Verhaltensregeln und Analysen von selbsternannten Fachleuten, die von jeglicher Sachkenntnis unbelastet sind, und die die Menschen nur noch mehr verunsichern.
Zum Glück gibt es viele seriöse Journalistinnen und Journalisten, die einfach ihrem Informationsauftrag nachkommen, indem sie sich an medizinische Expertise halten. Und da wir in der Regel keine Fachleute für Viruserkrankungen sind, sollten wir die Aussagen von den seriösen Wissenschaftlern hören und beachten.
Aber wir sollten uns nicht selbst verrückt zu machen – oder verrückt machen lassen. Wir müssen nicht von 8 Uhr morgens bis 23 Uhr abends die Breaking News im Fernsehen ansehen. Vor allem sollten wir es wie gesagt vermeiden, auf Wissenschaftsverächter, eitle Selbstdarsteller und Fake News-Prediger hereinzufallen.
Ich weiß, das ist manchmal leichter gesagt als getan. Es besteht eine große Verunsicherung, das können wir nicht bestreiten. Auch dass man angesichts der unkalkulierbaren Lage Angst bekommt, ist menschlich.
Wer immer sich in der medizinischen Forschung, in der Pflege und Betreuung oder der Versorgung anderer engagiert, hat unseren Respekt, unsere Wertschätzung und unser Vertrauen verdient. Aber
das allein reicht offenbar nicht immer aus, um mit unserer Angst umzugehen und uns Sicherheit und Zuversicht zurück zu geben.
Das Johannesevangelium berichtet davon, dass Jesus kurz bevor er verhaftet und verurteilt wird, mehrfach zu seinen verunsicherten Jüngern spricht. Eine dieser Reden endet mit dem bekannten Satz: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Das ist natürlich ein schöner Satz, ein Satz, der trösten will, in einer Zeit, wo die, die ihn hören, nicht wissen, was die Zukunft bringen wird. Wenn Jesus dieses sagt, dann geht es ihm um diesen Trost für die, die zu ihm gehören!
Aber es ist ein Satz des Glaubens, ein Satz, den ich nur dann verstehen und nachsprechen kann, wenn ich weiß, wer dieser „ich“ ist, der die Welt überwunden hat. Deshalb nützt es auch nicht viel, wenn man den Satz den Menschen einfach vor die Füße oder an den Kopf wirft.
Diese Welt ist voller unverständlicher Dinge und Geschehnisse, voller Zweideutigkeit und Brüche. So sehr, dass es uns manchmal schwer fällt, uns darin zurecht zu finden! Aber die entscheidende Frage ist doch, ob ich diese Welt als eine Welt verstehe, die Gott mit allem ihren Widersprüchlichkeiten in seiner Hand hält. Oder ob ich mich einfach nur in diese Existenz hineingeworfen und damit allein gelassen fühle.
Als Christen glauben wir, dass wir nicht allein sind. Wir glauben, dass unser Leben etwas mit Gott zu tun hat, Gott, der größer ist als unser Verstand es erfassen kann.
Schon bevor wir geboren wurden und auch später, nachdem wir diese Welt wieder verlassen haben , haben wir bei Gott einen Namen, und er hat uns im Blick. Und dieses um so mehr in der Zeit, die uns hier gegeben ist. Wenn wir schwierige Zeiten erleben oder uns bedrängt fühlen, dann macht dieses Leben in der Nähe Gottes den Unterschied.
Das ist etwas anderes, als so leben, als kämen wir aus dem Nichts und gingen nach einer kurzen Zeit wieder zurück ins Nichts.
Jesus sagt dieses Worte, als die Jünger angesichts der Gefahr für Leib und Leben unter Druck stehen und Angst bekommen. Er nimmt sie ernst in ihrer Angst, aber er stellt der Welt, die uns Angst macht, die Kraft entgegen, die das Sein und das Nicht-Sein, diese Welt und alles, was wir nicht begreifen, umfasst und übersteigt.
Deshalb kann dieser Satz ein Trost für alle die sein, die sich bedrängt fühlen, oder die in welcher Art und Weise auch immer Angst haben.
Angst zu haben ist nicht schön, es kann unser Leben eng machen, manchmal auch zerstören. Aber wir alle wissen, dass Angst zum Leben dazu gehört. Wir erleben Angst als Kinder, als Erwachsene und auch als Alte.
Sie ist real und gehört zu unserem Menschsein dazu. Es ist unsinnig zu sagen: Hab keine Angst!
Angst ist kein Verhalten, was ich einfach sein lassen kann. Was ich versuchen kann, ist zu lernen, mit der Angst umzugehen. Manchmal brauchen wir dazu allerdings auch die Hilfe anderer.
Einfach die Angst zu verdrängen, und so zu tun, als hätten wir gar keine Angst, nützt nichts. Dann wird unser Verhalten nur noch subtiler von Angst gesteuert.
Außerdem werden wir, wenn wir uns unsere Angst genau anzusehen, erkennen, was uns wirklich und besonders wichtig ist. Und das zu wissen, schadet nicht.
Aber vor allem geht es darum, dass wir lernen, dass uns unsere Angst nicht das Leben zerstört. Deshalb heißt es, über die Angst zu sprechen: Mit anderen, die uns zuhören, die uns mit dem ernst nehmen, was uns bedrängt. Die vielleicht ähnliche Ängste haben und uns deshalb verstehen können. Die mit uns auf Augenhöhe sprechen. Und die hoffentlich nicht einfach sagen: Ach, hab doch keine Angst!
Und ich kann natürlich mit Gott sprechen, im Gebet nämlich! Oder ich setze oder lege mich einfach hin und werde im Angesicht Gottes und im Bewusstsein, dass er mich sieht, still und versuche mit jedem Atemzug Ruhe zu finden, indem ich mich öffne und beginne, auf Gott zu lauschen.
Am Ende des Gebetes sind wir nicht mehr dieselben, die wir waren, als wir mit dem Gebet begannen.
Was sagte noch Jesus zu den Jünger, die Angst vor der Zukunft hatte und die sich bedrängt fühlten? In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Er sagt nicht: habt keine Angst. Er sieht sie mit ihrer Angst, er sieht ja auch, dass die Menschen sich wirklich bedrängt fühlen. Aber er lässt sie damit nicht allein oder wiegelt ab. Er gibt Trost und Grund zur Zuversicht, in dem er sie ernst nimmt und gleichzeitig einen Horizont öffnet, der größer ist als ihre Befürchtungen. Damit sieht er auch über den Augenblick hinaus und auf die Möglichkeiten, die sie haben.
Er nimmt sie hinein in das, was größer ist als sie selbst, größer als ihre Angst, größer als ihr Nicht-Wissen, was die Zukunft bringt. Er lässt sie Anteil haben, an dem was größer ist als die Welt, in der Angst Menschen unter Druck setzt: Nämlich Gottes Nähe zu den Menschen, seine Liebe, mit der er uns im Leben und im Sterben als der begegnet, die uns tröstend in die Arme schließt. Diese Welt ist nicht groß genug, diese Liebe zu erfassen.
Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir mit unserem Verstand begreifen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Er halte unsere Hoffnung lebendig und bewahre uns auf allen unseren Wegen. Amen
Unser Vater im Himmel. Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segensbitte
Der Herr segne uns und behüte uns;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig;
der Herr hebe sein Angesicht über uns und gebe uns Frieden. Amen.
Andachten / Andagter
Andacht Sonntag, 22. März 2020
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